Newsletter 1/18

Liebe Leute,

ich wünsche euch/Ihnen allen ein frohes neues Jahr.
Das neue Jahr hat mit einer für einige der Bewohner der Wohnunterkünfte unangenehmen Überraschung begonnen. Die Gebühren für die Nutzung der Wohnunterkünfte wurden nachdem der Hamburger Landesrechnungshof die aus seiner Sicht zu niedrigen Gebührensätze moniert hatte, mit einem Schlag deutlich erhöht. Hintergrund ist, dass Gebühren für öffentliche Dienstleistungen auskömmlich sein müssen. Das bedeutet, dass sich unter Berücksichtigung einer Quote des öffentlichen Interesses die Kosten dieser Leistungen auch in den Gebühren widerspiegeln müssen. Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist die Gebührenordnung für öffentlich veranlasste Unterbringungen der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie ist auf alle Personen oder Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften anzuwenden, die in einer öffentlich-rechtlichen Wohnunterkunft untergebracht sind. Je Person in einer Wohnunterkunft wird eine Gebühr i.H.v. 587 € erhoben. Die Gebühr wird für alle Mitglieder einer Bedarfs- oder Einstandsgemeinschaft erhoben. Viele Bewohner der Unterkünfte werden das finanziell selber nicht spüren, solange sie über kein eigenes Einkommen verfügen. Gebührenfestsetzungsbescheide werden bei selbstzahlenden Bewohnern an den Leistungsträger weitergereicht, der dann diese Kosten trägt. Hier wandert Geld von der einen öffentlichen Kasse in die andere.
Auswirkung hat die neue Regelung aber für Bewohner, die über ein eigenes Nettoeinkommen verfügen. Zwar können diese Bewohner beantragen, dass sich die Gebühr ermäßigt auf 210 €. Diese Ermäßigung erfolgt aber nur innerhalb von Grenzen, die in der Gebührenordnung festgelegt wurden. Bei einer Einzelperson mit einem Nettoeinkommen von mindestens 730 € und 1300 € höchstens kann die Gebühr auf 210 € ermäßigt werden. Bei einem Nettoeinkommen unter 730 € tritt für die Gebühren der Leistungsträger ein. Bei einem Nettoeinkommen von mehr als 1300 € muss der Bewohner 587 € bezahlen. Das kann dazu führen, dass Bewohner, die sich schon soweit integriert haben, dass sie über ein Nettoeinkommen von mehr als 1300 € – wenig genug – verfügen, sich überlegen müssen, ob sich die Arbeit für Sie finanziell überhaupt noch lohnt.
Bei Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften von zwei Personen liegen die Einkommensgrenzen zwischen 1273 € und 1950 €. Bei drei Personen liegt die Grenze zwischen 1779 € und 2503 €. Bei vier oder mehr als vier Personen liegt die Grenze zwischen 2251 und 3055 €.
Wir halten diese Gebührenanpassung für unangemessen. Sie berücksichtigt aus unserer Sicht nicht hinreichend das Interesse der Freien und Hansestadt Hamburg, an einer Integration der Bewohner der Einrichtungen. Zwar ist nichts dagegen einzuwenden, Bewohner nach ihrer Leistungsfähigkeit an den Kosten ihrer Unterbringung zu beteiligen und Gebührenstaffelung können auch einen Anreiz dafür bieten, sich auf dem freien Wohnungsmarkt nach adäquatem Wohnraum umzusehen, aber 587 € sind erstens keine angemessene Gebühr für die gebotene Unterkunft und zweitens lässt sich für einen einzelnen geflüchteten Menschen bei einem Nettoeinkommen von etwas über 1300 € eine Wohnung nicht finden. Hier wirkt die Staffelung also kontraproduktiv. Einem wirtschaftlichen Interesse der geflüchteten Menschen, eine Arbeit aufzunehmen, wird durch die neue Gebührenhöhe entgegengewirkt.

Keine besonders guten Nachrichten haben auch die Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD für die Bewohner der Wohnunterkünfte gebracht. Nach dem gegenwärtigen Stand aus den Gesprächen wird der Familiennachzug für geflüchtete Menschen mit nur sekundärem Schutzstatus auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt. Uns scheint hier den Verantwortlichen offenbar das notwendige Einfühlungsvermögen oder Verständnis für die Situation der geflüchteten Menschen zu fehlen. Diese Menschen genießen wie jeder andere Bürger dieses Landes auch den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Eine Beschränkung darauf, dass dieses Grundrecht nur deutsche Staatsbürger oder geflüchtete Menschen mit einem besonderen Schutzstatus für sich in Anspruch nehmen können, ist Art. 6 GG nicht zu entnehmen. Familien zusammenzuführen und ihnen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam zu leben, war jahrzehntelang eine der Triebfedern deutscher Ostpolitik. Das hatte seine guten Gründe und war nicht nur eine Beachtung des Art. 6 GG, sondern ein Akt der Menschlichkeit. Familienzusammenführung ist außerdem eine wesentliche Voraussetzung für eine Integration derer, die bereits bei uns sind. Nicht nur die geflüchteten Menschen, sondern auch der deutsche Staat wird über kurz oder lang akzeptieren müssen, dass es nicht nur darum geht, die geflüchteten Menschen in Sicherheit zu bringen, sondern dass viele bleiben werden – unabhängig von ihrem jetzigen ausländerrechtlichen Status. Sie haben ein Recht darauf, sich ein eigenverantwortliches Leben aufzubauen. Jede Entscheidung, die einer Integration entgegensteht – und die Begrenzung des Familiennachzugs ist eine solche Entscheidung –, stiehlt den Menschen Lebenszeit beim Aufbau ihrer Zukunft.

Es gibt also weiterhin viel zu tun.

Liebe Grüße

Stephan

Dieser Beitrag wurde unter Newsletter des Freundeskreis veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.