Newsletter 01/2024
Liebe Leute,
die Süddeutsche bringt es in ihrer Glosse „Streiflicht“ dieser
Tage für mich auf den Punkt, wenn sie feststellt, dass einem das
Ganze „Zwischen-den-Jahren-Gelaber“ doch zum Halse heraushängen
würde. Man erfahre – ungefragt, wie ich ergänzen möchte – um ein
besserer Mensch zu werden, zwischen Weihnachten und Sylvester
ein Hochfest an Ratschlägen von „Psychoblabblern und
Moraljuristen“. Die Glosse der Süddeutschen endet mit dem
Vorschlag, sich von Julius Cäsars kalendarischer Willkür zu
lösen, und den Jahreswechsel auf den 31.05. – Weltnichtraucher-
und Namenstag der Mechthild – zu verschieben. Mechthild statt
Sylvester. Welcher der zahlreichen laut Wikipedia in der
Geschichte auftauchenden Mechthilds (oder heißt es Mechthilden?)
damit Ehre zuteilgeworden ist, lese ich in der Glosse nicht. Ich
unterstelle aber aus einer gewissen eigenen Erfahrung mit
Namenstagen, sie hat aus Überzeugung, Menschenfreundlichkeit,
Barmherzigkeit oder Solidarität nachhaltig gewirkt und ist dabei
vielleicht auch irgendwie angeeckt. In das Ranking der
beliebtesten Mädchennamen – eine weitere, ritualisierte
Jahresend-Veröffentlichung der Standesämter – hat sie es
jedenfalls auch das vergangene Jahr zu Unrecht wieder nicht
geschafft. Das bringt mich jetzt so langsam zu dem, was ich an
dieser Stelle eigentlich loswerden möchte und das nicht
unbedingt zu „Sylvester“ tun muss – gern auch zu „Mechthild“:
Eure, Ihre, unsere Arbeit wird nach wie vor gebraucht und kommt
an. Das Fest im September in der WUK Rodenbeker Straße hat
gezeigt, dass die Bewohner*innen es schätzen und genießen, wenn
gemeinsam mit uns Abwechselung in ihrem Alltag entsteht.
Ehrenamtler und hauptamtliche Mitarbeiter*innen von „Fördern und
Freundeskreis Asyl und Wohnen in Bergstedt e.V., Emekesweg 18, 22391 Hamburg, info@freundeskreis-bergstedt.de
Wohnen“ haben sich gefreut, ungezwungen teilhaben zu können an
der Spontanität und Ausgelassenheit. Mit einer einfachen
Initiative aus gemeinsamem Essen, Zaubervorstellung, Schminken
und Fotobox wurde ein langer Nachmittag zu einem fröhlichen
Miteinander aller. Das gemeinsame Miteinander ist dabei keine
Geste für einen Tag, sondern eine Würdigung, eine Sicht
aufeinander – ein Teil und ein Höhepunkt der Arbeit des
Freundeskreises. Die Arbeit geht zwar von der Begleitung der
Bewohner*innen durch das Gewirr deutscher Administration, Regeln
und Grammatik bis zum Flicken eines Fahrradreifens, aber das
Feiern darf dabei nicht vergessen werden. Und letztendlich ist
das auch Teil der Antwort gegenüber denjenigen, die in
geflüchteten Menschen die Ursache eines Übels sehen und nicht
die Folge des Übels.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen weiterhin eine fröhliche,
erfolgreiche Arbeit, ein baldiges Wiedersehen und viele
Gelegenheiten zum Feiern – gerne auch mal zu „Mechthild“.
Stephan Papke